Direkt aus der Fleischerei

Fleischer Ribbe macht den Anfang

Matthias Anke (Märkische Allgemeine)

Der geneigte Berliner fährt raus aufs Land und greift zu regionalen Produkten. Vor allem aber natürlich aus den Nachbardörfern und der Stadt selbst kommen sie, atmen den Duft frischer Räucherwaren ein und lassen sich Mettringe, Knacker und Senfkornsalamis mitgeben. Oder ein Glas Hausmacher Blutwurst.

So kennt Fleischer Jörg Ribbe das dort in seinem Geschäft am Wusterhausener Marktplatz. Seit über 150 Jahren gibt es den Familienbetrieb. Und jetzt bricht mal wieder ein neues Zeitalter an. Vielleicht.

 

Startschuss fiel bei der Grünen Woche in Berlin

Ribbe grübelt. „Ich muss mal gucken, wie das läuft, aber was soll schiefgehen?“ Er sagt das mit Blick auf seinen neuen Vertriebsweg – das Internet. Längst hätte er sich zwar um einen Onlineshop kümmern können. So neu ist das Internet schließlich auch wieder nicht. Nie aber sei er dazu gekommen, sagt der 40-Jährige. Geschweige denn hätte er außer der Zeit auch noch das Personal dafür gehabt. Doch plötzlich stand ein Anbieter in der Tür.

„Wir hatten uns vor ein paar Jahren mal durch Zufall kennengelernt. Und jetzt ist es so weit“, sagt Ribbe und meint die Macher seiner neuen, virtuellen Wursttheke.

Es ist die wursttheke.com, die der Berliner Oliver Nyikos und dessen Partner Lennart Beier entwickelten. Den Startschuss für dieses Onlineportal gaben sie vor Kurzem anlässlich der Grünen Woche in Berlin, wo Ribbe und dessen Vater seit Jahren Stammgäste sind.

„Wir sehen darin eine Förderung des Fleischerhandwerks, insbesondere von kleinen, regional und handwerklich produzierenden Fleischereibetrieben“, erklärt Oliver Nyikos seinen Antrieb. Denn für Ribbe will er „überregionale Zielgruppen“ erschließen. Und der Wusterhausener sei erst der Anfang. Noch mehr Betriebe kämen infrage, die bisher ausschließlich lokal verkaufen. „Das läuft jetzt alles erst an.“

Auch spricht Nyikos von der „Inszenierung der Persönlichkeiten und Protagonisten im Fleischerhandwerk“ und will „über die Herausforderungen im Lebensmittelhandwerk“ aufklären.

 

Mit Geschichten aus der Fleischerei

Das wiederum erklärt die Interviews und Fotostrecken auf der Seite. Es sind Profibilder, die ein Fleischer alleine wohl eher weniger derart hinbekäme.

„Die Idee dazu kam uns während der Pandemie. Damals fuhren wir über die Dörfer und sprachen mit Fleischern viel über ihr Handwerk und wollten dann in einem Blog davon berichten“, erinnert sich Oliver Nyikos. Und tatsächlich finden sich jetzt auf seiner Seite „Geschichten aus der Fleischerei, aus erster Hand erzählt“.

 

Wusterhausener bekommt alles aus einer Hand

Es sollte eine „ideelle Unterstützung“ werden, sagt er: „Man unterstützt dieses Handwerk aber eben nicht einfach nur mit Likes im Internet, sondern ein Einkauf ist auch ein Statement.“

Das Geschäftsmodell könnte Ribbe alleine so nicht wuppen, bestätigt der Fleischer. Denn neben dem direkten Versand der Produkte zum Kunden übernehmen die Dienstleister das Marketing sowie die Abwicklung von Bestellung, Bezahl- und Vertriebslogistik.

 

Ein Nutzen: Gemeinsam besser bei Google dastehen

„Es geht bei einem Onlineshop auch um rechtliche Hürden. Und wir wollen Kräfte bündeln. Es muss ja nicht jeder einzelne Fleischer für sich bei Google kämpfen“, sagt Nyikos: „Sofern er das überhaupt im Blick hat.“

Nyikos war einst für die Kommunikationsarbeit eines Uhrenherstellers zuständig. Partner Beier war als Geschäftsführer für ein Unternehmen im Einsatz und bringe die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse mit. „Und Berlin ist ja ein riesiger Absatzmarkt“, sagt Nyikos.

Onlineshops „Marke Eigenbau“ seien dahingehend mit einigem Aufwand verbunden. Aber auch die gibt es dank vorgefertigter Online-Werkzeuge über diverse Anbieter. Und sie funktionieren. Die Landfleischerei Hildebrandt aus Kletze in der Prignitz etwa betreibt ihren „E-Shop“ augenscheinlich über den Anbieter T-Online.

Und bei „Landgeschmack“ im unweit entfernten Prignitzdorf Görike ist der Shop in der WordPress-Homepage integriert, verrät Katja Leppin. „Beziehungsweise war das so“, ergänzt sie: „Ich habe das ja aufgegeben.“

Angesichts der „Wursttheke“ wird sie jetzt hellhörig. Schließlich habe sie ihren Fleischversand nur eingestellt wegen zu weniger Bestellungen bei zu hohem Aufwand. „Ich hatte das alleine nebenher gemacht“, sagt sie.

Und sie machte die Erfahrung, dass die Kunden eben doch lieber in ihren Hofladen kommen. Aber wenn ihr einer nun die ganze Arbeit abnehmen würde?

 

Frischfleisch geht noch nicht auf die Reise

„Ich finde die Sache jedenfalls erstmal gut“, sagt Jörg Ribbe in Wusterhausen, der nur über die Leute von der Wursttheke abrechnet und den Überblick nicht verlieren kann.

Bekommt er eine E-Mail, nimmt er das ihm zur Verfügung gestellte Verpackungsmaterial und greift zu Dauerwurst, Schinken, anderen Räucherwaren oder Glasware. „Frisches Fleisch aber erstmal noch nicht“, sagt er. Dann wird alles abgeholt und geht auf die Reise. Wohin auch immer.

 

Erschienen in: Märkische Allgemeine Zeitung, S. 15 (12.02.2025)

URL: https://www.maz-online.de/lokales/ostprignitz-ruppin/wusterhausen/wusterhausener-fleischer-ribbe-setzt-auf-dienstleister-wursttheke-als-onlineshop-VRJ6ZRMN6BFCFCYD54KWSBJFVE.html